Freitag, 2. Oktober 2015

Nordlicht in Norwegen -Teil 2

Zur Erinnerung ...

am 7.9.15 hatten wir am Nordfjord ein schwaches Nordlicht gesehen, konnten es aber nicht fotografieren, weil unsere kleine Kamera dazu nicht gut genug ausgestattet war. Dennoch war die Freude riesig, denn ein Nordlicht sehen zu können, ist für uns immer etwas ganz Besonderes, wenn es auch noch so schwach ist.

Doch war das beschriebene Nordlicht nur ein ganz kleines Vorspiel zu etwas viel Größerem.

Und das stellte sich ein am 9.9.15.

Der Morgen begann mit "Watteweichundweißerwolkenwaberei" über dem Fjord vor dem Balkon des Ferienhauses.



Die Sonne briet sich aus der fluffig weißen Undurchsichtigkeit einen feinen Dunst, den sie über die Wattedecke legte.


Doch bald würde der Dunst samt Wolkendecke verschwunden sein und es versprach ein klarer Tag zu werden. So klar, dass wir am Ziel unseres Ausflugs, in Kalvåg an der westnorwegischen Küste, kristallklare Farben vorfinden sollten.



Es war ein Tag, an dem meine Gefühle Achterbahn fuhren. Morgens hatten wir noch auf dem Balkon gefrühstückt, die bezaubernden Lichtspiele über dem Fjord genossen, dann die Fahrt zur Küste unternommen, während der mich schon fiese Rückenschmerzen plagten, weil die Tour doch recht lang war. Doch am Zielort angekommen traf ich beim Essen wohl die falsche Wahl, entschied mich nämlich für einen "fiskeburger". Das ist im Prinzip dasselbe wie ein Hamburger, nur liegt in dem Brötchen eine Fischfrikadelle. Ob die nun nicht in Ordnung war oder ob mein Magen darauf mit Widerwillen reagierte, konnte ich nicht ergründen, jedenfalls ging es mir danach so schlecht, dass wir auf schnellstem Wege wieder zurück zum Ferienhaus fuhren. Mit schlimmen Bauchschmerzen. Und den Rückenschmerzen, die kaum nachgelassen hatten, noch dazu.

Als wir im Ferienhaus ankamen, stellte ich die ganze Reise in Frage. Eine deftige Erkältung hatte mich schon in der ersten Ferienwoche erwischt, deren Ausläufer sich lange Zeit bemerkbar machten, dann noch die Malaisen dieses Tages dazu. Es reichte mir an diesem Tag so richtig!

In dem Moment - ich schrieb gerade ein paar Zeilen Achterbahn in mein Tagebuch - ging mein Schatz noch einmal auf den Balkon, so wie er es kurz vor dem Schlafengehen oft tat, um nach Hirschen Ausschau zu halten, die manchmal abends in der Nähe des Ferienhauses auftauchten. Es war kurz nach zehn.

"Es ist wieder da!", rief er von draußen.

Ich verstand zuerst gar nicht, was er meinte, war noch so sehr mit meinen negativen Gefühlen und meinem Tagebuch beschäftigt, dass ich gar nicht realisierte, was er meinte. Daher fragte ich etwas genervt: "Was? Was ist wieder da?"

"Na, das Nordlicht - aber wie!!!"

Für mich war es wie die Stimme der Natur, die mir sagen wollte: "Hey, was ist los mit dir? Muss ich dich nochmal daran erinnern, dass du hier, an diesem Ort, an dem du schon so oft warst, zum ersten Mal im Leben ein Nordlicht gesehen hast? Hast du den vorgestrigen Abend vergessen? Wie dankbar du warst für sein Erscheinen? Das kann doch nicht sein! Dass du erwägst, nie wieder hierher zu kommen. Dass du das vergessen hast! Dass du vergessen hast, dass du so voller Freude warst ...", und in dem Moment ließ ich alles stehen und liegen und stürzte auf den Balkon.

Es war wieder sehr frisch draußen und ich achtete nicht auf meine unzureichende Kleidung. Das Nordlicht zu sehen war mir viel wichtiger. Und wer schon mal Nordlicht gesehen hat, weiß, wie schnell es auch wieder verschwinden kann. Doch das Nordlicht hatte Geduld mit mir.

In meinem Herzen entstand ein Gefühl von Dankbarkeit. Wie konnte ich wegen der Malaisen des vergangenen Tages gleich einen so plakativen Schlussstrich ziehen? Mir kamen fast die Tränen, als ich den ersten Blick in den Himmel tat.

Was für ein Schauspiel!!! Richtung Norden hatte sich ein grüner Bogen über dem Horizont aufgebaut, der im unteren Bereich eine dunkelviolette Färbung entwickelte. Und dieses Mal war die Erscheinung so kräftig, dass sogar das Fotografieren mit der kleinen Kamera gelang.


Zuerst ärgerten wir uns etwas, dass das Außenlicht am Nachbarferienhaus nicht auszuschalten war. Doch als die ersten Fotos gelangen, empfanden wir die beleuchtete Hauswand sogar als Bereicherung auf den Fotos.

Es ging lange weiter, mit vielen Veränderungen. Zuerst stieg das Licht höher zum Himmel hinauf. Am unteren Rand entstanden rötliche Bereiche. Ein ständig in Bewegung befindlicher Vorhang schwebte mystisch hin und her.



Im weiteren Verlauf wanderte das Licht weiter Richtung Osten, wurde immer breiter.



Aus der breiten orange-grünlichen Lichtfläche bildeten sich schlangenförmige Bänder heraus, die langsam über den Himmel krochen, in sich stetig verändernden Mäandern. 




Zwischendurch wurden neben dem Grün die anderen Farben wieder kräftiger.



Am Ende bewegte sich das Licht wieder hoch über dem nördlichen Horizont,



wo es dann blasser wurde und sich leise von uns verabschiedete.



Noch ein Tipp zum Schluss: Anklicken der Fotos zeigt sie in größerem Format!