Freitag, 23. Januar 2015

Nordisch, nordischer, am nordischsten ...

Nachdem ich vor Weihnachten in einem riesigen Stoff- und Dekogeschäft in Lage einen tollen Polsterstoff entdeckt hatte, in den ich mich sofort verliebte, teilte ich meiner Blog- und Mailfreundin Susi meine Neuentdeckung mit. Auch sie verliebte sich gleich in den Stoff und meinte, sie habe einen alten Sessel, der dringend einen neuen Stoff benötige. 

Ich hatte nur einen halben Meter von dem Stoff gekauft (bei einer Breite von 1,40 m) und beabsichtigte, daraus einen Tischläufer zu nähen. Doch Susis Idee fand Anklang bei meinem Schatz, der mein kleines Stoffstück über unseren holländischen Ohrensessel legte - meinen Lieblings-Lesesessel. Er sah nun aus, als habe er komplett einen neuen Bezug erhalten. Ein Fake!


Ist aber auch gar nicht nötig, denn unser Sesselstoff ist noch gut. Wäre dem nicht so, hätte ich jetzt ... nein, statt dessen bekam Susi fast den ganzen Stoffrest per Versand, der noch auf dem Ballen war und ich holte mir die 1,10 m, die übrig waren. Unsere mindestens 30 Jahre alten Stuhlkissen sollten mal einen neuen Anzug erhalten. Doch dann würde es für einen Tischläufer nicht mehr reichen. Schade!

Da hatte eine Bekannte eine glorreiche Idee: Nimm doch für die Unterseite des Kissens einen schlichten Stoff in passender Farbe.

Gesagt, getan!

Heute wurde das erste Kissen fertig ... und ich bin begeistert!

Vorweg möchte ich noch ein paar Eindrücke aus Norwegen vermitteln. Es handelt sich um Details aus alten Hoteleinrichtungen oder Museumsgebäuden. Genau darauf fliegt meine Seele! Manchmal fragt man sich ja so zum Spaß, ob man in einem Vorleben schon mal ...??? Meine Eltern hatten jedenfalls einen anderen Geschmack, aber bekanntlich bringt ja jeder Mensch etwas Eigenes mit auf die Welt. So oder ähnlich sähe meine Einrichtung aus, wenn ich in Norwegen ein altes Holzhaus hätte:


Gemeinschaftsraum im Hotel Kvikne in Balestrand


Möbeldetail - so etwas wärmt mir das Herz



Gemeinschaftsraum im Hotel Mundal in Fjærland







Altes Museum in Eidsvoll



Aus einem alten Hotel in der Telemark 


Ich liebe diese Kombination von altem Holz und bunt gemusterten Stoffen. Natürlich möchte man im möglichen Rahmen auch zuhause solche Elemente einbringen. Der neu erworbene Stoff ist ein kleiner Teil davon. 


Das alte Stuhlkissen, das hinten mit Bändchen befestigt ist, 
hat einen braunen Bezug.
Links habe ich bereits einen neuen Bezug aufgezogen, 
den ich heute genäht habe.

Die Unterseite hat eine andere Farbe. 
Damit sie nicht sichtbar ist, habe ich die Oberseite etwas größer zugeschnitten.
So reicht sie um die Kante des Kissens herum.
Der neue Bezug ist über den alten gezogen. 
Das hat den Vorteil, dass ich den neuen Bezug einfach abziehen kann, 
wenn ich eine gemusterte Tischdecke auflege 
und einen neutralen Bezug haben möchte.



Auf der Fensterbank liegen viele Mitbringsel aus Norwegen, als da sind:
Ein Handwebläufer aus dem Valdres, 
ein aus Holz gedrechseltes Zuckertöpfchen mit schönem Silberrand,
ein Messer,
eine Maultrommel aus dem Setesdal.
Wie gut doch das neue Sitzkissen zu dem Webläufer passt!

Zu Ehren von Tante Henny

Nun ist sie tatsächlich 103 Jahre alt geworden, meine Tante Henny (der Link führt zu einer besonderen Geschichte um ihre Strickleidenschaft und meine Nachfolge). Im  Oktober 2014 feierte sie ihren letzten Geburtstag im Kreise ihrer nächsten Mitbewohner und einiger ausgewählter Gäste aus der Familie im Altenheim.

Danach habe ich sie ein letztes Mal noch zuhörend wahrgenommen. 

Es war mein letzter Besuch bei ihr im Altenheim. Ich hatte anlässlich ihres Geburtstags eine Woche später meine Gitarre mitgenommen und ihr im Kreise ihrer Mitbewohner ein paar kleine Stücke vorgespielt, unter anderem dieses romantische Stück von Maria Linnemann, das ich nicht annähernd so schön spielen kann, doch Tante Henny gefiel es, denn sie wippte unter ihrer Kniedecke deutlich mit dem Fuß zur Musik. Zwischendurch nickte sie dann auch hin und wieder mal ein, aber ihre Aufmerksamkeit war an dem Tag schon enorm, nachdem ich sie bei meinem letzten Besuch davor nur schlafend im Bett erlebt hatte und sie auch nicht hatte wecken können, obwohl die Pflegerinnen mich mehrmals dazu ermutigten.

Es wurde in der letzten Zeit immer schwerer, sie aufzurichten. Ihre Muskeln waren vom langen Liegen und Schlafen immer schwächer geworden. In den letzten Wochen klappte es auch mit dem Schlucken nicht mehr so recht und es wurde immer deutlicher, dass ihr Lebenswille nachließ.

Am 10.01. verstarb sie dann in einem Moment, in dem niemand in ihrem Zimmer war. Sie war einfach friedlich eingeschlafen.

Als im ganzen bäuerlichen Umfeld beliebte Frau bekam sie als Begleitung zur letzten Ruhe einen langen Trauerzug. Die Kleinstadtkirche war fast bis auf den letzten Platz besetzt. Die anschließende Kaffeetafel musste für rund 100 geladene Gäste gedeckt werden.

Bei der kirchlichen Trauerfeier fühlte ich mich auf besondere Art mit Tante Henny verbunden. In meiner Jackentasche hatte ich ein Päckchen mit Papiertaschentüchern. Aber mein Päckchen knisterte nicht, die Taschentücher steckten nämlich in diesem hübschen Behälter:


Das kleine Täschchen hatte Tante Henny vor vielen Jahren genäht, wie so viele andere Dinge auch, z. B. Schürzen für die Küche und kleine Greifbälle für Babys. Die wurden ständig gebraucht, hatte sie doch allein 11 Urenkelkinder.


Nachdem die große Familienfeier (sehr lebendig und sicher ganz im Sinne meiner Tante) vorüber war, drehte ich zuhause das kleine Utensil mal auf links und erkundete, wie sie es genäht hatte.


Ich suchte ein paar Stoffreste hervor und versuchte, es - ihr zu Ehren - nachzutun. Es war schnell gemacht:




Eine gute halbe Stunde braucht man für so ein Täschchen. Wäre es nicht ein hübsches Geschenk für einen trauernden Menschen, dem man sein Mitgefühl zeigen möchte?


Wie gesagt ... beim Herumfingern in der Tasche während der Trauerfeier entsteht mit dieser Verpackung kein Knistern, mit dem man andere stören könnte. (Es klingelte übrigens kein Handy ... ob alle ausgeschaltet waren?)