Dienstag, 20. September 2011

Rieselnder Sand ... things to leave

Danke erstmal @Anonym und @Renata für Eure Gedanken zu meinen Gedanken!

Ich will mal aufschreiben, welche Sandkörnchen heute so rieseln:

16:20 - an meinem PC liegen schon seit vielen Tagen Cookie-Rezepte aus Norwegen. Ich hatte dort "oben" fünf tolle Cookie-Packungen gekauft und leider viel zu schnell verspeist. Auf der Verpackung waren die Rezepte abgedruckt (gäbe es hier bei uns wohl nie - Bäckergeheimnisse auf der Verpackung? Undenkbar!).
Zwei von den Rezepten habe ich am PC schön sauber abgetippt und in einen Ordner geheftet. Die anderen drei liegen hier noch herum und warten. Ha, die tippe ich nicht ab, mache einfach zwei Löcher rein, nachdem ich sie ein bisschen sauber beschnippelt habe und hefte sie direkt in den Ordner. Es geht doch um die Cookies, nicht ums schön aussehende Rezept!

16:26 - Eine Lern-CD für Klasse 3 wollte ich schon seit langer Zeit für meine Förderkinder brennen. Ich lasse es, denn in der Schule liegen für die Kinder am PC schon sooo viele Lern-CDs, dass sie oft nicht wissen, welche sie zuerst nehmen sollen. Weniger ist mehr! Also ab in die Lehrer-CD-othek damit!


21:42 - Eine Zeitung schaut mich täglich vorwurfsvoll an. Es ist eine norwegische Zeitung und zwar die, die ich mir jedes Mal einmal im Urlaub kaufe um mein Norwegisch auf aktuellem Stand zu halten. So war es auch in diesem Sommer. Nun erwischte ich zufällig das Exemplar, in dem alle Opfer des Terroraktes vom 22. Juli abgebildet waren. Merkwürdig, dachte ich an jenem Tag, dass ich gerade diese Ausgabe gekauft habe. 


Als ich die vier Seiten mit den vielen jungen Gesichtern aufschlug, rührte es an mein Herz. Ich sah diese jungen und hoffnungsfrohen Augen, dieses nach vorn blickende Leben in ihnen - und mir kamen die Tränen. Es handelte sich ja durchweg um politisch interessierte und sicher auch sehr engagierte Menschen, die Norwegens Zukunft gestalten wollten. 
Ich beschloss daher, jeden Morgen unter eines der Bilder das jeweilige Datum zu schreiben, den Namen des Menschen laut auszusprechen und seine Augen anzusehen um ihm seelischen Frieden in seiner neuen Heimat zu wünschen. 
Dieses Vorgehen behielt ich den ganzen Urlaub über bei. Ich hatte Zeit, die Zeitung lag offen auf dem Tisch, ich beschäftigte mich täglich mit guten Gedanken für den jeweils ausgewählten Menschen.
Doch seitdem ich wieder im Arbeitsprozess stecke, stelle ich fest, dass sich die Abstände zwischen den einzelnen Menschen immer mehr vergrößern. Mal lag nur ein Tag dazwischen, dann auch mal drei, inzwischen ist es eine ganze Woche, ohne dass ich in die Zeitung gesehen hätte. Ständig liegt etwas anderes auf der Zeitung, verdeckt die Fotos oder ich übersehe sie einfach. Und wenn ich sie sehe, drückt mich das eigene Gewissen, weil es mir nicht mehr gelingt, die mir selbst gestellte Regel einzuhalten. Damit ist den Verstorbenen auch nicht gedient ... ich wünsche ihnen Leichtigkeit und Freiheit in ihrem neuen Sein (dies schreibe ich in dem festen Glauben, dass nichts voneinander wirklich getrennt ist) und mein schlechtes Gewissen soll nicht ihr Licht beschatten.
So habe ich heute die Zeitung mit geschlossenen Augen in die Hände genommen und allen Opfern des Terrors zugleich meine besten Wünsche in ihr geistiges Reich gesandt und anschließend die Zeitung zum Altpapier getan. 
Wer dies hier liest, ist auch in Gedanken bei den 77 norwegischen Menschen ... mögen ihre Seelen in Frieden ruhen und weiter ins Reich des Lichts aufsteigen!

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ULL-Rike