Freitag, 23. Januar 2015

Zu Ehren von Tante Henny

Nun ist sie tatsächlich 103 Jahre alt geworden, meine Tante Henny (der Link führt zu einer besonderen Geschichte um ihre Strickleidenschaft und meine Nachfolge). Im  Oktober 2014 feierte sie ihren letzten Geburtstag im Kreise ihrer nächsten Mitbewohner und einiger ausgewählter Gäste aus der Familie im Altenheim.

Danach habe ich sie ein letztes Mal noch zuhörend wahrgenommen. 

Es war mein letzter Besuch bei ihr im Altenheim. Ich hatte anlässlich ihres Geburtstags eine Woche später meine Gitarre mitgenommen und ihr im Kreise ihrer Mitbewohner ein paar kleine Stücke vorgespielt, unter anderem dieses romantische Stück von Maria Linnemann, das ich nicht annähernd so schön spielen kann, doch Tante Henny gefiel es, denn sie wippte unter ihrer Kniedecke deutlich mit dem Fuß zur Musik. Zwischendurch nickte sie dann auch hin und wieder mal ein, aber ihre Aufmerksamkeit war an dem Tag schon enorm, nachdem ich sie bei meinem letzten Besuch davor nur schlafend im Bett erlebt hatte und sie auch nicht hatte wecken können, obwohl die Pflegerinnen mich mehrmals dazu ermutigten.

Es wurde in der letzten Zeit immer schwerer, sie aufzurichten. Ihre Muskeln waren vom langen Liegen und Schlafen immer schwächer geworden. In den letzten Wochen klappte es auch mit dem Schlucken nicht mehr so recht und es wurde immer deutlicher, dass ihr Lebenswille nachließ.

Am 10.01. verstarb sie dann in einem Moment, in dem niemand in ihrem Zimmer war. Sie war einfach friedlich eingeschlafen.

Als im ganzen bäuerlichen Umfeld beliebte Frau bekam sie als Begleitung zur letzten Ruhe einen langen Trauerzug. Die Kleinstadtkirche war fast bis auf den letzten Platz besetzt. Die anschließende Kaffeetafel musste für rund 100 geladene Gäste gedeckt werden.

Bei der kirchlichen Trauerfeier fühlte ich mich auf besondere Art mit Tante Henny verbunden. In meiner Jackentasche hatte ich ein Päckchen mit Papiertaschentüchern. Aber mein Päckchen knisterte nicht, die Taschentücher steckten nämlich in diesem hübschen Behälter:


Das kleine Täschchen hatte Tante Henny vor vielen Jahren genäht, wie so viele andere Dinge auch, z. B. Schürzen für die Küche und kleine Greifbälle für Babys. Die wurden ständig gebraucht, hatte sie doch allein 11 Urenkelkinder.


Nachdem die große Familienfeier (sehr lebendig und sicher ganz im Sinne meiner Tante) vorüber war, drehte ich zuhause das kleine Utensil mal auf links und erkundete, wie sie es genäht hatte.


Ich suchte ein paar Stoffreste hervor und versuchte, es - ihr zu Ehren - nachzutun. Es war schnell gemacht:




Eine gute halbe Stunde braucht man für so ein Täschchen. Wäre es nicht ein hübsches Geschenk für einen trauernden Menschen, dem man sein Mitgefühl zeigen möchte?


Wie gesagt ... beim Herumfingern in der Tasche während der Trauerfeier entsteht mit dieser Verpackung kein Knistern, mit dem man andere stören könnte. (Es klingelte übrigens kein Handy ... ob alle ausgeschaltet waren?)

1 Kommentar:

  1. Es tut mir leid zu hören, dass Deine Tante gestorben ist, aber sie hat ein sehr stolzes Alter erreicht und allem Anschein nach auch ein interessantes Leben gehabt.

    Bimbi x

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Danke, dass Du Dir Zeit für ein paar Worte an mich nimmst! Ich freue mich über jeden Kommentar und wenn Du ihn hier nicht sofort siehst, lese ich ihn doch sehr bald. Dann wird er hier auch öffentlich zu sehen sein.
Mit herzlichem Gruß
ULL-Rike